Everest Nordseite mit Hornbein Couloir (c) Archiv Fam. Siffredi Chamonix Everest Nordseite mit Hornbein Couloir (c) Archiv Fam. Siffredi Chamonix
16 Oktober 2025

Jim Morrison gelingt historische Skiabfahrt über die Nordseite des Mount Everest

Durch das legendäre Hornbein-Couloir bis zum Rongbuk-Gletscher – eine Linie, die noch niemand zuvor befahren hat.

Es ist ein Moment für die Geschichtsbücher des Alpinismus: Jim Morrison, US-Bergsteiger und Extremskifahrer, hat am 15. Oktober als erster Mensch den Mount Everest auf Skiern über die Nordseite befahren – durch das gefürchtete Hornbein-Couloir, eine der steilsten und gefährlichsten Linien der Welt.

Die Abfahrt, die in dieser Form noch nie gelungen war, führte vom 8848 Meter hohen Gipfel über bis zu 50 Grad steile Hänge hinab bis zum Rongbuk-Gletscher auf rund 6100 Metern. Insgesamt vier Stunden und fünf Minuten stand Morrison auf den Ski – eine Fahrt zwischen technischer Präzision, mentaler Stärke und tief persönlicher Bedeutung.

Eine Abfahrt voller Emotionen

Nach sechseinhalb Wochen am Berg erreichte Morrison um 12:45 Uhr Ortszeit den Gipfel. Begleitet wurde er von einem kleinen Team aus Sherpas und einem Filmteam um Jimmy Chin, der für National Geographic eine Dokumentation über die Expedition dreht.

Oben, im eisigen Wind auf dem Dach der Welt, nahm sich Morrison einen stillen Moment für seine 2022 verstorbene Partnerin Hilaree Nelson, mit der ihn nicht nur eine Liebe, sondern auch ein gemeinsamer Traum verband. Er verstreute ihre Asche am Gipfel – und widmete ihr die Abfahrt.

„Ich hatte ein kleines Gespräch mit ihr und hatte das Gefühl, ich könnte ihr den ganzen Tag widmen“, sagte Morrison später.


Im Hornbein Couloir hat Morrison mit bis zu 1,2 Meter hohen Schneewechten zu kämpfen, schaffte es aber ins Lager 3, wo er eine kurze Pause machte. Dann gings mit den Skiern und besseren Bedingungen zum Fuß des Everests weiter. 

„Ich hatte so viel riskiert, aber ich war am Leben. Es fühlte sich wie eine Hommage an Hilaree an – etwas, auf das sie stolz gewesen wäre. Ich spürte sie wirklich bei mir, wie sie mich anfeuerte“, sagte er im Tal.

„Seine Leistung ist mit Abstand die kühnste Skiabfahrt der Geschichte“, schlussfolgerte National Geographic. Morrisons Abfahrt ist zudem die erste vollständige Skiabfahrt nicht nur der Everest-Superdirektroute, sondern der gesamten Nordseite des Berges.

Mit Nelson hatte er bereits 2018 die erste Skiabfahrt vom Lhotse geschafft. Das Hornbein-Couloir war ihr nächstes gemeinsames Ziel gewesen – ein Projekt, das Morrison nun allein zu Ende führte.

Eine Linie mit dunkler Geschichte

Das Hornbein-Couloir auf der tibetischen Nordseite des Everest ist berüchtigt: bis zu 50 Grad steil, eisig, schmal – und tödlich. 2002 kam der französische Snowboarder Marco Siffredi bei seinem Versuch, hier hinabzufahren, ums Leben. Mehr zu Marcos Abfahr findet ihr hier

1996 hatte der Südtiroler Hans Kammerlander die erste Skiabfahrt über die Nordostflanke gewagt, musste jedoch an mehreren Stellen die Ski abschnallen. Eine komplette, durchgehende Abfahrt über das Hornbein-Couloir galt seither als fast unmöglich.

Ohne Flaschensauerstoff?

Ob Morrison und sein Team bei der Expedition Flaschensauerstoff nutzten, ist bislang nicht bestätigt. Bei früheren Projekten – etwa der Lhotse-Abfahrt – hatte Morrison auf zusätzlichen Sauerstoff zurückgegriffen.

Neue Ära des Extrem-Skialpinismus

Die Everest-Nordseite ist nicht der einzige Ort, an dem Skigeschichte geschrieben wurde: Erst vor wenigen Wochen gelang dem Polen Andrzej Bargiel auf der Südseite eine komplette Skiabfahrt vom Gipfel bis ins Basecamp – und das ohne Flaschensauerstoff.

Mit Morrisons Erfolg auf der Nordseite schließt sich ein weiteres Kapitel in der Geschichte des Extrem-Skialpinismus – eines, das Mut, Technik und tiefe Menschlichkeit vereint.

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