Die Welser Hochtouristengruppe D’Schermbergler freut sich, einen herausragenden Filmemacher aus der näheren Umgebung als Vortragenden für den diesjährigen Schermbergler-Vortrag gewonnen zu haben.
Zum ersten Mal präsentiert der Filmemacher Johannes Aitzetmüller aus Grünau im Almtal und Innsbruck diesen Vortrag. Seine Kamera hat ihn bereits an die entlegensten Drehorte der Extreme geführt: in die Antarktis, Arktis, nach Sibirien, Pakistan – und immer wieder in die heimischen Alpen. Orte, die rau, menschenfeindlich und erbarmungslos sind – wo Kälte, Sturm und Abgeschiedenheit nichts verzeihen. Und doch liegt genau darin ihre unwiderstehliche Anziehungskraft.
Das Publikum erlebt, was es bedeutet, in solcher Wildnis unterwegs zu sein – mit 100-Kilo-Schlitten durch Schneewüsten, bei Lawinenabgängen ohne die Möglichkeit auf Rettung, mit eingefrorenen Kameras und abgestürzten Drohnen. Aber auch Begegnungen mit indigenen Kulturen, das gemeinsame Leben im Zelt, sowie sportliche Leistungen wie Erstbesteigungen und Erstbefahrungen sind Teil seiner Geschichten.
„Wo niemand filmt – außer mir“ gibt einzigartige Einblicke hinter die Kulissen moderner Expeditionsfilme und nimmt die Besucherinnen und Besucher mit zu Abenteuern, die an die Grenzen von Körper, Technik und Vorstellungskraft gehen.
Im Vorfeld dieses Vortrags hatten die Schermbergler die Möglichkeit, Johannes einige Fragen zu stellen:
Kannst du dich kurz vorstellen?
Ich bin Johannes Aitzetmüller, 38 Jahre alt, komme aus Grünau im Almtal und lebe heute in Innsbruck. Ich bin leidenschaftlicher Filmemacher – oftmals dort unterwegs, wo’s kalt, weit und wild ist.
Wie bist du zum Filmen gekommen?
Das war kein geradliniger Weg, eher eine Kette von Zufällen. Angefangen habe ich als Filmer unserer lokalen Freeski-Crew. In der HAK in Kirchdorf konnte ich die Grundfertigkeiten der Medienproduktion lernen. Dann kam ein einjähriger Auslandszivildienst in El Salvador, wo ich erstmals mit professioneller Filmproduktion in Berührung kam. Später entstanden durch Social Media erste Aufträge – das hat sich einfach so ergeben. Eigentlich war ich mitten im Studium und habe gerade für eine Prüfung in Personaltheorie gelernt, als mir klar wurde: Ich will nicht nur über Menschen reden, ich will etwas machen. Und da lag das Filmen plötzlich ganz nah.
Welche alpinistischen Anforderungen musst du als Kameramann erfüllen?
Im Grunde dieselben wie die Athleten selbst. Ich muss fit genug sein, um mit einem 25-Kilo-Rucksack auf Skiern oder zu Fuß unterwegs zu sein, mich selbständig bewegen können, auch an ausgesetzte Orte klettern. Dazu kommen klassische Skills: Lawinenkunde, Knotenkunde, Wetterverständnis, Routenplanung. Und ganz wichtig – Menschenkenntnis und Teamfähigkeit. Denn ohne das funktioniert kein Dreh und erst recht keine Expedition.
Mit welcher Ausrüstung filmst du unter so extremen Bedingungen?
Wenn es auf lange Touren geht, nehme ich eine kleinere Kamera – ähnlich einer Spiegelreflex –, weil Gewicht alles entscheidet. Wenn es das Gelände erlaubt, filme ich mit der großen Kamera. Eine Drohne ist fast immer dabei. Laut Handbuch sind die Geräte meist nur bis –20 °C zugelassen, aber ich weiß: –50 °C geht auch. Das steht nirgends – das muss man auf die harte Tour rausfinden. Auf Expeditionen ist mein Equipment immer redundant, also von allem mindestens zweimal. Sonst steht man irgendwann ohne Kamera da.
Welches Erlebnis ist dir am längsten in Erinnerung geblieben?
Wahrscheinlich die Vorbereitung auf die Kälte. Ich bin einen ganzen Winter lang ohne Handschuhe Rad gefahren, um meine Finger fürs Drohnenfliegen bei –50 °C zu trainieren. Das klingt verrückt, aber bei solchen Temperaturen braucht man maximales Feingefühl – und das kann man sich nicht antrainieren, wenn man’s warm hat.
Wie sieht der Berufsalltag eines Kameramanns aus?
Einen echten Alltag gibt es nicht. Im Sommer sind die Tage lang – Sonnenaufgang um fünf, Sonnenuntergang um zehn. Im Winter ist das Licht kürzer, aber alles andere dafür härter. Manche Projekte erfordern wochenlange Vorbereitung, andere fast gar keine. Was viele unterschätzen, ist die mentale Arbeit. Meistens bin ich ohne Regisseur unterwegs, also mache ich nicht nur Kamera, sondern auch Regie. Ich muss ständig mitdenken: Wie erzählt man die Geschichte? Welche Aufnahmen fehlen? Wann lohnt sich ein Interview? Wann lasse ich einfach eine Situation entstehen? Jeder Handgriff kostet Energie – auch nur den Rucksack abzulegen – also muss jede Entscheidung sitzen.
Wie erlebst du das Verhältnis zwischen Filmer und Gefilmten?
Für mich ist das immer Teamarbeit. Egotrips funktionieren bei mir nicht. Ich mache von Anfang an klar, dass ich nicht besser oder fitter sein will und kann als die Athleten. Wir sind gemeinsam unterwegs, jeder mit seiner Rolle. Dann entstehen Vertrauen – und gute Bilder. Ich fühle mich hinter der Kamera am wohlsten. Da kann ich Geschichten erzählen, ohne selbst im Mittelpunkt zu stehen. Und ganz wichtig: Auch wenn die Kamera zwischen uns ist, geht es immer um das Zwischenmenschliche. Man darf nicht über die Kamera mit jemandem reden, sondern immer mit dem Menschen dahinter.
Schermbergler-Vortrag 2025
Wo niemand filmt – außer mir
Premiere des Vortrags von Johannes Aitzetmüller
20.11.2025, 19:00 Uhr, Pfarrsaal Vogelweide Wels
Mehr und Tickets: http://www.schermbergler.at/cms/index.php

Pakistan (c) fancytreefilms


Kommentare