In der Vertainspitpze Nordewand (im August) In der Vertainspitpze Nordewand (im August)
05 November 2025

Zwei Lawinen in zwei Jahren – Gefahren in der Nordwand der Vertainspitze

Sechs Todesopfer im Spätherbst – beide Unglücke bei frischem Neuschnee

Die Vertainspitze (3.545 m) in der Ortlergruppe ist ein markanter, vergletscherter Gipfel oberhalb von Sulden. Die Nordwand – rund 500 Höhenmeter hoch und bis zu 80 Grad steil – gilt laut bergsteigen.com als klassische, aber ernste Eistour. Bereits in der Tourenbeschreibung wird deutlich gewarnt: Nur bei stabiler Schneelage, sehr frühem Aufbruch und guter Erfahrung sollte die Route begangen werden.

Innerhalb eines Jahres ereigneten sich dort zwei schwere Lawinenunglücke – beide im Spätherbst und bei frischem Neuschnee.

Unglück im Jahr 2024:

Am 23. November 2024 befanden sich zwei österreichische Alpinisten im oberen Abschnitt der Nordwand, als sich gegen 14 Uhr auf etwa 3.450 Metern Höhe, rund 100 Meter unterhalb des Gipfels, eine Lawine löste. Die Schneemassen zogen beide Eiskletterer rund 300 Meter über die steile Wand hinab. Einer der Bergsteiger überlebte schwer verletzt, der andere starb im Krankenhaus. Laut Einsatzbericht herrschten kurz zuvor Windverfrachtungen und frischer Schnee.

Unglück im Jahr 2025:

Am 2. November 2025, nur wenige Wochen früher als der Unfall 2024, befanden sich sieben deutsche Bergsteiger in drei Seilschaften auf derselben Nordwandroute. Gegen 16 Uhr löste sich auf etwa 3.200 Metern Höhe eine Lawine. Fünf Personen – darunter ein Vater und seine 17-jährige Tochter – kamen ums Leben, nur zwei überlebten. Auch hier wurde die Lawine durch Neuschnee und Windverfrachtungen verursacht, obwohl laut Lawinenlagebericht keine erhöhte Gefahrenstufe bestand.

Beide Unfälle weisen eine auffällige Parallele auf: Spätherbstliche Neuschneephasen, tiefe Temperaturen und späte Tageszeiten. In dieser Übergangszeit sind die Schneeschichten meist frisch, nur locker gebunden und liegen oft auf glattem Eis oder verharschtem Altschnee. Durch die fehlende Sonneneinstrahlung in der Nordwand verfestigt sich diese Art von Schneedecke nur langsam – ein klassisches Rezept für spontane Lawinenauslösungen.

Die Lehre aus beiden Tragödien: Eine „mäßige“ Lawinenwarnstufe darf in solchen schattigen Nordwänden nicht als Entwarnung verstanden werden. Entscheidend sind lokale Windzeichen, frische Ablagerungen und die Tageszeit. In der Nordwand der Vertainspitze bedeutet ein später Aufstieg fast immer ein erhöhtes Risiko.

Wer diese eindrucksvolle, ernste Eistour begeht, sollte sie nur bei lang stabilen Verhältnissen, frühestmöglichem Start und Beachtung der Hinweise der Tourenbeschreibung in Angriff nehmen. Der Spätherbst bleibt – trotz klarer Gipfelfernsicht – keine sichere Zeit für diese Route.

Toureninfo Vertainspitze Nordwand



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